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Es gibt noch kein Auslaufmodell für den Verbrennungsmotor


Wie sich die Welt von morgen bewegt, ist die Zukunftsfrage, an der Autofahrer und Autobauer gleichermaßen knobeln. E-Mobilität und alternative Kraftstoffe scheinen die Zukunft zu sein, doch es gibt eine Reihe von Gründen, die für ein Überleben von Verbrennungsmotoren sprechen – zumindest auf absehbare Zeit. Dies sind die wesentlichen Gründe:

  • Zum Artikel: IAA Mobility: Wie sehr steht die Autoindustrie unter Druck?

1. Der Altbestand ist riesig

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45 Millionen verbrennergetriebene Fahrzeuge bewegen sich durch Deutschland, rund 1,4 Milliarden weltweit. Rechnet man Schiffe, Kleinflugzeuge, Notstromaggregate und landwirtschaftliche Maschinen noch mit, sind es nach Schätzungen sogar zwei Milliarden Ottomotoren. Dieser Bestand wird nicht einfach verschwinden – weder weltweit noch in der elektrofokussierten Europäischen Union.

Denn das sogenannte "Verbrennerverbot" gilt in der EU ab dem 1.1.2035 nur für Fahrzeuge, die ab diesem Datum neu zugelassen werden. Autos mit Verbrennungsmotor dürfen deshalb auch danach weiterverkauft und als Gebrauchte wieder zugelassen werden. Denkbar ist sogar, dass genau dieses Datum nochmal zum Verkaufsturbo für neue Verbrenner wird. BMW-Chef Oliver Zipse warnte bereits davor, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre alten Verbrenner-PKW vermutlich möglichst lange weiterfahren wollen.

Die Haltedauer-Statistik gibt ihm recht. Sie wächst seit Jahren auf aktuell knapp 10 Jahre für PKW. Ob sich Verbrenner-Fans dann noch mal eindecken und bis 2050 oder länger ihr Autofahrerleben mit Diesel, Benzin oder synthetischen Kraftstoffen gestalten, hängt vom Stand der Regulierung, den Rahmenbedingungen für Elektromobilität und dem Angebot der Autobauer ab.

2. Die Anbieter haben einen Plan B

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Die Autobauer entwickeln und produzieren künftig nur elektrisch? Dieser Eindruck täuscht. Die meisten haben sich noch nicht ausnahmslos zum E-Motor bekannt und die Absichtserklärung auf der Weltklimakonferenz 2021 in Glasgow unterzeichnet. Demnach hat sich von den deutschen Herstellern nur Daimler gemeinsam mit weiteren sechs internationalen Herstellern zum ausnahmslosen Bau emissionsfreier Fahrzeuge verpflichtet. Demgegenüber stehen Marken wie Toyota, Geely, Stellantis, Mazda, Hyundai. Der Großteil der Autobauer, vor allem asiatische Massenhersteller mit hohem Weltmarktanteil, haben nicht unterzeichnet und bekennen sich offensiv zur Technologieoffenheit beim Motorenbau. Honda hat sogar explizit verkündet, man wolle bis 2040 und darüber hinaus Verbrennungsmotoren einbauen.

Interessant ist dabei die Strategie der chinesischen Autobauer, die mit ihrer Modelloffensive auch auf der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA Mobility in München als harte Konkurrenten für Stromer wahrgenommen werden. Dabei fahren die Chinesen eine Doppelstrategie, die ausdrücklich den Einsatz und die Weiterentwicklung der Verbrenner-Technik einbezieht. Diese Vorgaben des Fünfjahresplans werden gerade von den chinesischen Herstellern umgesetzt, indem sie weltweit Entwicklungszentren aufkaufen. So hat sich der chinesische Geely-Konzern (u. a. Volvo, Lotus, Polestar) an Renault Horse beteiligt, der Verbrenner- und Hybrid-Ausgliederung des Renault-Konzerns mit 17 Werken und 5 Entwicklungszentren. Minderheitsbeteiligt ist auch ARAMCO, weltgrößter Ölförderer aus Saudi-Arabien, mit dem erklärten Ziel "über fünf Millionen Verbrennungs-, Hybrid- und Plug-in-Hybridmotoren sowie Getriebe pro Jahr" zu produzieren.

Doppelstrategie der Chinesen

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Bis mindestens 2060 darf in China weiterhin mit fossilen Antrieben gefahren werden. Die kommunistische Regierung will die CO2-Neutralität bis dahin durch ein Miteinander der Antriebsarten erreichen. Nachbar Japan hat bislang noch kein Ausstiegsdatum genannt.

Auf anderen Kontinente wie Südamerika oder Afrika sind bislang überhaupt keine Ausstiegsdaten in der Diskussion. Solche Märkte lassen Hersteller sicher nicht unbedient. So investiert selbst der sich elektroaffin gebende VW-Konzern in Südamerika in neue Biosprit-Motoren. Diese Plan-B-Strategie zur reinen E-Mobilitätsfertigung fährt auch BMW. Zwar wird 2024 der letzte Verbrennungsmotor im Münchner Stammwerk gebaut und die Produktion auf Elektroautos umgerüstet. Doch die Verbrenner-Produktion läuft dann noch in Österreich, Großbritannien und China für den Weltmarkt weiter.

Auch Nutzfahrzeughersteller wie Deutz-Vertriebschef Markus Müller haben sich eindeutig positioniert. Bei Motoren über 100 kW Leistung erteilt Deutz Elektromotoren eine klare Absage. Diese seien "weder in Sachen Systemkosten noch im täglichen Einsatz sinnvoll einsetzbar", so Müller zu Focus online.

3. Die Verbrenner-Technik entwickelt sich weiter

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Die als weitgehend ausgereizt geltende Verbrenner-Technologie könnte nochmals einen Sprung zu höherem Wirkungsgrad und sauberer Emission machen. Die neue Abgasnorm Euro-7, die Motorenforscher wie Prof. Thomas Koch unter Emissionsgesichtspunkten als nur noch "punktuell verbessernd" betrachten, wird beispielsweise von BMW ehrgeizig erfüllt. Wie das Handelsblatt berichtet, soll sogar eine ganz neue Verbrenner-Architektur kommen, die Geländewagen der X-Reihe bis weit ins kommende Jahrzehnt mit Diesel- und Benzinmotoren baut.

BMW ließ eine BR24-Anfrage dazu unkommentiert und verweist auf seine flexiblen Fertigungskonzepte, für die exemplarisch der BMW X1, die neue 5er-Reihe und die 7er-Reihe stehen, die seit 2022 mit allen Antriebsformen am Markt seien. Auch Nutzfahrzeughersteller Deutz sieht beim Verbrenner noch viel Entwicklungspotenzial und verweist auf Verbesserungen beim Wirkungsgrad, insbesondere bei größeren Motoren. Tatsache ist: Beim jährlichen Wiener Motorensymposium, dem Insider-Treffpunkt der Motorenwelt, wurden bereits Aggregate mit fast 50 Prozent Wirkungsgrad vorgestellt, was Verbräuche von unter fünf Litern auf 100 Kilometer realistisch macht.

Fazit: Miteinander von Verbrenner und Elektromotor wahrscheinlich

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Eine exklusive Berechnung der "Auto Zeitung" hat ergeben, dass von den Verbrennerverboten der EU 2035 ein Verkaufsvolumen von lediglich 23 Millionen Neufahrzeugen betroffen ist. Rund 41 Millionen hingegen können weiter als Verbrenner oder Hybrid in den Markt kommen. Dies zeigt deutlich, dass rein europazentrierte Prognosen zu Fehlannahmen führen.

Auch rein Pkw-bezogene Betrachtungen sind irreführend. Denn im Nutzfahrzeugbereich ist ein baldiges Ende des Verbrenners noch weniger wahrscheinlich.

Schließlich bedeutet auch das Ende der Verbrenner-Entwicklung in Europa nicht das weltweite Aus für die technische Weiterentwicklung des Ottomotors. Es könnte sogar sein, dass die Welt in Zukunft Benzin-, Diesel- oder Hybridantriebe von chinesischen Herstellern kauft, die in europäischen Fabriken produziert werden.

  • Zum Artikel: "IAA Mobility: Wie sehr steht die Autoindustrie unter Druck?"

Im Video: Tagesgespräch vom 6.3.2023: "Streit im Autoland: Hat der Verbrennermotor doch eine Zukunft?"

VIDEO: Was bedeutet das Verbrennerverbot 2035? Nur noch Elektroautos oder trotzdem Benziner weiterfahren?
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Bildrechte: BR/Leon Baatz

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Dieser Artikel ist erstmals am 7. September 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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Author: James Rodriguez

Last Updated: 1702619403

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